Bei dem EU-Annex-1 handelt es sich um einen Leitfaden, welcher die Anforderungen an einen Reinraum in der pharmazeutischen Industrie festlegt und als Referenz für die Überwachung und Überprüfung der Einhaltung dieser Anforderungen dient.
Im August 2022 wurde der neue EU-Annex 1 verabschiedet. Seine Gültigkeit tritt zum 25. August 2023 in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt haben Unternehmen der Reinraumbranche die Möglichkeit, Anpassungen hinsichtlich des neuen EU-Annex 1 zu treffen und die erforderlichen Anforderungen zu erfüllen.
Grundsätzlich ist der Aufbau unverändert geblieben, doch ist der Annex 1 umfangreicher geworden. Es besteht eine höhere Intensität der Beschreibung und Ausarbeitung einzelner Teile. Die 59 Seiten (mit Glossar) geben nun eine sehr klare Handlungsanweisung, wie pharmazeutische Unternehmen in Ihren Reinräumen vorgehen sollen.
Der größte Paradigmenwechsel in dem neuen EU-Annex-1 stellt die Kontaminationskontrollstrategie (CCS) dar.
Diese besteht aus einem Dokument, das Kontaminationsrisiken identifiziert und bewertet, die Eindämmungsoptionen ermittelt und Vorbeugungsmaßnahmen definiert; die mit dem vollen Umfang von möglicher Kontamination von sterilen Produkten in Verbindung gebracht werden können.
Es gilt alle Vorkehrungen gegen Kontaminationen zusammenzufassen und diese intensiver in den einzelnen Abteilungen zu betrachten und die Prinzipien einer Kontaminationskontrollstrategie (CCS) in der gesamten Einrichtung umzusetzen.
Das Ziel für jedes pharmazeutische Unternehmen sollte sein, jede durchgeführte Analyse in einem Dokument zusammen gefasst zu haben. In diesem Dokument sollte bestätigt werden können, dass alle Strategien innerhalb der einzeln durchleuchteten Bereiche derart erfolgreich sind, dass es keine Kontaminationseintragungen von Außen gibt und das Risiko innerhalb des Prozesses beherrschbar ist.
Zusammenfassend ist die Kontaminationskontrollstrategie das führende Element und im Lebenszyklus fest verankert, denn diese muss permanent geändert und angepasst werden.
Weiter ist das Ansinnen des neuen EU-Annex 1, weitläufiger zu denken, als lediglich an die mikrobakterielle und partikuläre Kontaminationskontrolle. Hierbei spielen folgende Punkte eine wichtige Rolle:
- Was passiert am Wareneingang?
- Welchen Risikoeintrag haben die Lieferanten für den Prozess? (Filterlieferanten, Lieferanten für neue Maschinen usw.)
- Ausführliche Beobachten dessen, was von außen hineinströmt
Zusätzlich wurde eine neue Produktqualitätssicherung (PQS) im Annex 1 eingeführt und deren Aufgaben ausführlich beschrieben.
Ein anderer Punkt ist, dass der Scope „Herstellung steriler Arzneimittel“ ausgeweitet wurde. Seither wird Sterilität nicht nur von Arzneimitteln vorausgesetzt, sondern auch von Wirkstoffen, Packmittel etc.
Tipp für Hersteller nicht steriler Produkte:
Der Scope ist ebenfalls auf nicht sterile Mittel anwendbar und sollte sich unbedingt genauer angesehen werden. Grund dafür ist, dass der EG-Leitfanden/EUGP-Leitfaden weniger konkrete Anforderungen für nicht sterile Produkte bereithält. Mit dem Annex 1 bekommen Sie ein Werkzeug an die Hand gelegt, um Ihre Prozesse genauer zu betrachten. Sie haben die Möglichkeit, sich Anregungen für mehr Hygiene und Reinheit zu beschaffen.
Änderungen
Nachfolgend listen wir Ihnen alle Änderungen zu Fokusthemen auf, wie Desinfektion/Reinigung, Equipment und Personal. Gerne unterstützen wir Sie bei der Umsetzung und haben darüber hinaus die Möglichkeit durch unser umfangreiches Produktportfolio für Sie die optimale Lösung zu finden.
- Kapitel 4.22
- Der Reinigungsprozess vor dem Schritt der biologischen Dekontamination ist von wesentlicher Bedeutung
- Die Reinigung und sporizide Biodekontamination sollten die Innenflächen eines Reinraums und die kritische Zone von Isolatoren von lebensfähigen Mikroorganismen befreien
- Die sporizide Desinfektion sollte die routinemäßige Anwendung eines sporiziden Mittels nach einer validierten Methode umfassen, die nachweislich alle Bereiche der Innenflächen abdeckt und ein geeignetes Umfeld für die aseptische Verarbeitung gewährleistet
- Kapitel 4.33
- Reinräume sollten gereinigt und desinfiziert werden. Die Reinigungsprogramme sollten Desinfektionsmittelrückstände wirksam entfernen. Es sollte mehr als eine Art von Desinfektionsmittel verwendet werden. Die Desinfektion von sollte schriftlich dokumentiert werden. Weiter sollte die Desinfektion eine regelmäßige Verwendung eines sporiziden Mittels umfassen
- Kapitel 4.34
- Das Desinfektionsverfahren sollte validiert werden
- Kapitel 4.35
- Desinfektions- und Reinigungsmittel, die in Bereichen der Klassen A und B verwendet werden, sollten vor der Verwendung steril sein. Für Desinfektionsmittel, die in den Klassen C und D verwendet werden, kann ebenfalls Sterilität verlangt werden, sofern dies im CCS festgelegt ist
- Kapitel 5.4
- Das Reinigungsverfahren sollte validiert werden, um alle Rückstände oder Ablagerungen zu entfernen, die die Wirksamkeit des verwendeten Desinfektionsmittels beeinträchtigen könnten
- Kapitel 7.13
- In Reinräumen der Reinheitsklasse A und B sollte das Personal vor dem Anlegen des Kittels geeignete Kleidungsstücke tragen, die für die Verwendung unter einem sterilisierten Anzug vorgesehen sind
- Beim Anziehen der sterilisierten Kleidungsstücke sollten geeignete sterilisierte, ungepuderte Gummi- oder Kunststoffhandschuhe getragen werden. Eine sterile Kopfbedeckung sollte alle Haare umschließen. Außerdem sollte eine sterile Gesichtsmaske und sterile Augenabdeckungen (z. B. eine Schutzbrille) getragen werden
- Es sollten geeignete sterilisierte Schuhe (z. B. Überstiefel) getragen werden
- Die Ärmel des Kittels sollten in ein zweites Paar steriler Handschuhe gesteckt werden, das über dem Paar getragen wird, das beim Anziehen des Kittels getragen wurde
- In Reinräumen des Klasse C sollten Haare und Bärte bedeckt sein. Ein ein- oder zweiteiliger Hosenanzug mit gerafften Handgelenken und hohem Halsausschnitt sowie angemessen desinfizierten Schuhen oder Überschuhen sollte getragen werden
- In Reinräumen des Klasse D sollten Haare, Bärte und Schnurrbärte sollten bedeckt sein. Es sollten ein allgemeiner Schutzanzug und angemessen desinfizierte Schuhe oder Überschuhe getragen werden
- In Bereichen der Klassen C und D kann eine zusätzliche Schutzkleidung mit Handschuhen und Gesichtsmaske erforderlich sein, wenn Tätigkeiten ausgeführt werden, die gemäß der CCS-Definition ein Kontaminationsrisiko darstellen
- Kapitel 7.14
- Das Umziehen sollte in Umkleideräumen mit einem angemessenen Reinheitsgrad erfolgen, damit die Sauberkeit der Kleidung gewährleistet ist
- Vor dem Betreten der Umkleideräume der Klassen B und C sind ein- oder zweiteilige Hosenanzüge zu tragen, die die Arme und Beine vollständig bedecken, sowie Socken, die die Füße bedecken
- Kapitel 7.15
- Jeder der Bereiche der Klassen B oder A betritt, sollte bei jedem Betreten saubere, sterilisierte Schutzkleidung (einschließlich Augenschutz und Maske) in geeigneter Größe anziehen
- Kapitel 7.16
- Die Handschuhe sollten während der Arbeit regelmäßig desinfiziert werden. Kleidungsstücke und Handschuhe sollten sofort gewechselt werden, wenn sie beschädigt sind und ein Risiko der Produktkontamination darstellen
Bei Fragen, Anliegen oder dem Wunsch nach individuellen Lösungen, kontaktieren Sie uns gerne unter der Nummer 0531 230469-0
Ihr HEIN Reinraum Team